Literatur: Sei kein Mann

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Sei kein Mann, JJ Bola; Rezensioin Buchbesprechung; Selbstmord, Suizid, Feminismus, Mann, Junge, Albtraum, Mannsein

In der Ära von Trump, #MeToo und Attentätern wie in Halle oder Hanau ist Männlichkeit für viele kein positiver Begriff mehr. Der Aktivist JJ Bola, geboren in Kinshasa im Kongo, Autor und Aktivist, floh mit sechs Jahren dank diplomatischer Verbindungen seines Großvaters mit seiner Familie nach London, wuchs dort in einer Brennpunkt-Siedlung auf. Bola engagiert sich weltweit zu Rassismus, Migrationserfahrungen und Männlichkeit und sucht Auswege aus der Krise. Dabei betrachtet er Einflüsse aus nichtwestlichen Traditionen, aus Popkultur und der LGBTQ+-Community und zeigt, wie vielfältig Männlichkeit sein kann.

Negatives männliches Verhalten

In seinem Buch beschreibt Bola, der nach seinem Master in Kreativem Schreiben an der Birkbeck University einige Jahre als Sozialarbeiter mit Jugendlichen mit psychischen Problemen arbeitete, Szenarien, die typisch sind für negatives männliches Verhalten: Jugendliche, die sich prügeln, nur weil man ihnen eingeredet hat, dass sie jeden besiegen können, Dominanzverhalten von Männern gegenüber Frauen oder die Verachtung kultureller Unterschiede, die wiederum zur Ablehnung der eigenen Kultur und zu Entwurzelung führen. Und er führt prominente Beispiel an, dass Männer Konflikte meist mit Gewalt lösen: den Sturz Saddam Husseins aufgrund konstruierter Behauptungen, die Invasion in Libyen oder die Ablehnung von Flüchtlingen und Muslimen als angebliche Bedrohung der westlichen Zivilisation.

Ansgst vor Ausgrenzung

JJ Bola sieht das Größte Problem darin, dass Jungen und Männer in den Stereotypen von Männlichkeit gefangen sind und gar nicht „out oft the box“ denken können. Oder es sich nicht trauen, weil sie Angst davor haben, aus der Gruppe ausgestoßen zu werden.

Gleichzeitig verwirft er die Alternative – eine von Frauen dominierte Welt. Denn, so seine These, Frauen seien in derselben Welt aufgewachsen und würden, um in ihr bestehen zu können, dieselben Mechanismen nutzen wie die Männer. Friedlicher würde die Welt dadurch nicht, so seine These.

Männliches Anspruchsdenken

Haupthindernis für gesunde Männlichkeiten – Bola spricht gerne von den vielen Möglichkeiten, die Männlichkeit ausmacht – ist die Angst, Privilegien aufgeben zu müssen. Diese Anspruchshaltung, als Mann alles haben zu können, nur weil man ein Mann ist, sei eines der Grundübel. Als Beispiel nennt er den 45. Präsidenten der USA, Donald Trump mit Aussprüchen wie „Ich könnte in New York jemanden auf offener Straße erschießen und würde damit durchkommen.“

Bei seiner Beschreibung des Ist-Zustandes analysiert er intelligent historische, soziologische und technische Aspekte für seine These, dass es für Jungen und Männer heutzutage besser wäre, kein Mann zu sein, um im letzten Kapitel dann einen Weg zu jenem Punkt aufzuzeigen, den er anstrebt: ein Nebeneinander aller möglichen Männlichkeiten.

In seinem Buch bietet JJ Bola keine perfekte Lösung an, sondern beschreibt nur einen Weg dorthin und lädt ein zum Gespräch. Das Buch, dass er nach eigenen Angaben nur geschrieben hat, weil er es selbst als junger Mann gerne gelesen hätte, ist ein guter Ausgangspunkt und ein Muss für all jene, die die Wege zu den neuen Männlichkeiten gehen wollen.

Sein kein Mann – Warum Männlichkeit ein Albtraum für Jungs ist; JJ Bola, Paperbag, Verlag hanserblau, ISBN 978-3-446-26798-5, 158 Seiten, 16 Euro (als E-Book 11,99 Euro)

Anmerkung: Diese Rezension wurde unterstützt durch den Verlag hanserblau. Vielen Dank.